Jagd in der Öffentlichkeit

Das Waidwerk und sein Wertesystem in Wechselwirkung mit kleinen und großen Menschen, Presse und Öffentlichkeit.

Die Jagd dürfte wohl die einzige Tätigkeit sein, bei der Bürger Schusswaffen aktiv und mit Tötungsabsicht einsetzen. Das erfordert Wissen, Gelassenheit, Feingefühl, Übersicht und garantiert dennoch "besondere" öffentliche Aufmerksamkeit.
Bei der Jagd geht der Mensch willentlich und bewusst in die Verantwortung. Schon deshalb ist der Fehler und seine Folgen immer ein mögliches Ergebnis. Der Fehler, der im Idealfall möglichst dramatische Folgen hat ist dann eine perfekte Steilvorlage für eine Berichterstattung, deren erste Pflicht es ist möglichst viele Menschen zu erreichen.
Empfänger dieser Berichterstattung ist eine Gesellschaft, die zunehmend digital/virtuell sozialisiert ist, die teilweise nie mit der Primärwirtschaft in direktem Kontakt war und deshalb mit Unterstützung durch Naturpädagogen an die Welt von der sie leben herangeführt wird.
Die Welt kann man nicht grundlegend verändern und aus den Angeln heben. Wie bewegt man sich in einem Kosmos der Aufmerksamkeit zwischen Komplexität, Fehlerkultur, Verantwortung und Einfühlungsvermögen.
Darüber spreche ich mit dem Ingenieur, Autor, Vater, Naturschützer und -pädagogen, Fotograf, Vortragenden, Ausbilder für Naturschutz, Jäger und Obmann für Öffentlichkeitsarbeit Gerd Tersluisen.

Themen und Links

11 Kommentare
  1. Lars
    Lars sagte:

    An dieser Stelle erst einmal herzlichen Glückwunsch zur Erfolgreichen Arbeit, einige Meinungen teile ich mit Herr Tersluisen. Im letzten Drittel der Episode hat er sich nach meinem Erachten nach als einer der typischen „ewig gestrigen Lodenjockel“ erwiesen.
    Zum Thema Technik bei der Jagd deswegen folgendes vorweg: Ich arbeite seit Jahren als Gutachter im Bereich Arbeits- und Produktsicherheit. Außerdem bin ich Fachkraft für Arbeitssicherheit und habe mit 27 leider selbst einen Hörschaden erlitten. Es gilt grundsätzlich und ausnahmslos: Gefahren sind an der Quelle zu bekämpfen. Und zwar technisch, vor organisatorisch, vor persönlich. Beim Umgang mit Gefahrstoffen gehört eigentlich noch Substitution dazu. Wenn ich die Möglichkeit hätte einen Schalldämpfer zu bekommen, ich hätte ihn sofort. Ich habe zwar an mein Außenohr angepasste Stöpsel und MM-Gehörschützer (Aktiv) im Einsatz aber wer einmal mit einem Schalldämpfer geschossen hat merkt sofort das ist einfach noch einmal besser.
    Ähnliches kann man grundsätzlich auch zu Geradezugrepetierern und Lochschäften vorbringen. Das hat nicht alleine etwas mit Geschwindigkeit zu tun. Der GZR bietet konstruktionsbedingt einfach wesentlich weniger Möglichkeiten für verhaken, verklemmen etc., er bietet eine bessere Ergonomie und ich kann die Waffe binnen zwei Sekunden für Dritte unbrauchbar machen. Lochschäfte und Pistolengriffe sind ergonomischer und gewährleisten durch die entspannte Haltung des Schützen eine bessere Treffsicherheit. Warum sollten Militär und Sportschützen sie sonst verwenden?
    Zum Thema Nachtzielgeräte etc.: Zum Ansprechen sind Nachtsichtgeräte und Wärmebildkameras die beste Erfindung seit langem. Man sieht mit der WBK schon aus 1500 Metern Entfernung dass da was kommt und kann bereits vorher selektieren. Der Kauf und Verkauf der Umgang und die Verwendung sind natürlich legal. Lediglich der Umgang ist nicht erlaubt sofern eine Einrichtung zur Verwendung an der Waffe vorhanden ist. Der Kauf bleibt aber trotzdem legal, im Ausland ist der Gebrauch schließlich durchaus erlaubt. Allerdings kann jedem Waffenbesitzer geraten werden Adapter und ähnliches vielleicht doch lieber nur zu leihen.
    Bei den Drückjagden muss ich aber vollkommen zustimmen. Wer in der üblichen Jagdzeit eine ordentliche Intervalljagd betreibt und die restliche Zeit Ruhe hält, der braucht keine Drückjagden zu veranstalten. Die Raps- und Maisjagd auf die schwarzen Ackerwühler mal abgesehen….

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    • Jochen Schumacher
      Jochen Schumacher sagte:

      Lieber Lars, ganz herzlichen Dank für die Anerkennung meiner Arbeit Deinen qualifizierten Kommentar. Das macht einen großen Teil der Freude aus, die ich bei der Produktion des Jagdfunk empfinde.

      Die Technik-Diskussion ist alt und immer wieder spannend. Unser Möglichkeiten reichen mittlerweile vom Faustkeil bis zur theoretisch denkbaren vollautomatischen Erschießungsdrohne. Beide Extreme gehören aus guten Gründen verboten und sind es ja auch. An der Technisierungsfront wird aber immer wieder geschraubt und diskutiert und manchmal werden auch die Grenzen der Moral und des Feingefühls im Umgang mit den Tieren überschritten. Heraus kommen dann Wortschöpfungen, wie z. B. „Effizienzjagd“, die sich dann eben am effektivsten mit Erschießungsdrohnen ausüben ließe. Das will aber wohl (hoffentlich) niemand. Wenn wir Jäger die Interessen der Tiere nicht vertreten wollen, wen denn dann? Ich sagte es ja: Die Qualität der Jagd entscheidet sich hinter der Waffe.

      Ich bin der Überzeugung, dass wir den Diskurs unter uns Jägern und mit der Bevölkerung beleben und aufrecht erhalten müssen. Sowohl, was den Einsatz von Technik angeht, als auch, was den fairen und damit waidgerechten Umgang mit den Tieren angeht. Genau das tust Du mit Deinem Kommentar. Dafür noch einmal vielen Dank!

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  2. Joachim Orbach
    Joachim Orbach sagte:

    Hallo Herr Schumacher,
    Das Interview zum Thema „Jagd in der Öffentlichkeit“ ist ein guter Hf.-Beitrag, der u.a. auch sehr lehrreich für Hegeringe sein kann. Leider informieren die Landesjagdverbände und K.-Jägerschaften über solche Beiträge nicht, was ich aber durchaus für sinnvoll erachte. Auf http://www.jgv-oberberg.de haben wir den Beitrag unter Aktuelles verlinkt. Wenn wir die Deutungshoheit nicht anderen überlassen wollen, so müssen wir uns weiter engagieren, hier leisten u.a. auch die Jagdblogs bereits beste Öffentlichkeitsarbeit.Mit der Gründung des Blog http://www.aktionsbuendnis-neue-medien.de können daher viele Beiträge -wie u.a. auch Ihre – abgerufen werden. Weiter so!!!

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  3. Benedikt
    Benedikt sagte:

    Erneut ein interessantes Thema für einen Jagdfunk. Neben den Schilderungen der Öffentlichkeitsarbeit fand ich besonders die Sache mit den Greifvögeln interessant. Das ist ja zusammen mit dem Thema Katzen gerade sehr aktuell. Auch die Bemerkung zum Schutzwald in der Schweiz fand ich interessant. Dazu habe ich diesen Link gefunden:http://www.nationalpark.ch/de/forschung/fachuebergreifende-forschung/huftiere/jungwaldinventur/jungwaldinventur-mehr-wissen/
    Leider habe ich den Link aus Niedersachsen zu den Hunden nicht gefunden.
    Herrn Tersluisens Ansichten zu Kommerz und seinen Wunsch den Jägern Vorschriften machen zu wollen, teile ich allerdings nicht. Ich halte es da ebenfalls mit Paul Müller und baue auf den Gesunden Menschenverstand innerhalb der Jägerschaft, den ich auch immer wieder erleben kann.

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    • Gerd Tersluisen
      Gerd Tersluisen sagte:

      Hallo Benedikt!

      Unter „Themen und Links“ erreichen Sie die Internetseite unter „Revier Bruchtorf-Ost.“
      Bitte schauen Sie einmal dort hinein. Unter „Spuren hinterlässt, wer eigene Wege geht“, finden Sie die hervorragend gelungene Aufklärungsseite für Hundehalter.

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  4. Gerd Tersluisen
    Gerd Tersluisen sagte:

    Hallo Lars!
    In Sachen Nachtzielgeräten muss ich Ihnen deutlich widersprechen. Bitte schauen sie in das Blatt des Bayrischen Staatsministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten. Sie finden dieses Blatt unter:
    http://www.wildtierportal.bayern.de/mam/cms12/jagd/dateien/oswald_nzg.pdf
    Die dort angegebenen Verbote entsprechen dem Bundesjagdgesetz und dem Waffengesetz 2012.
    Deutlich und unmissverständlich wird hier schon der Besitz dieser verbotenen Geräte, unter Strafe gestellt.
    Im Waffengesetz wird nur vom „Umgang“mit diesen Geräten gesprochen.
    Besitz und Einsatz von Nachtsichtgeräten sind selbstverständlich erlaubt.

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  5. Dirk Brouwers
    Dirk Brouwers sagte:

    Ich bin leider erst vor wenigen Wochen auf den Jagdfunk aufmerksam geworden und arbeite mich seitdem beharrlich aber vor allem mit höchstem Genuss durch die Episoden. Nach ca. 20 Folgen kann ich aber schon sagen, dass ich hellauf von den Themen und dem hohen Niveau des Podcasts begeistert bin, und sehr hoffe, dass der Podcast noch um viele Episoden ergänzt wird.

    Auch die Episode „Jagd in der Öffentlichkeit“ habe ich mit Genuss gehört und möchte zunächst meinen Hut vor Herrn Tersluisen für sein soziales Engagement und wegen seiner umfassenden Kenntnis rund um Natur und Jagd ziehen, kann es aber nicht lassen sodann mit Kritik nachzusetzen:

    Ich führe eine moderne Waffe mit Kunststofflochschaft und Schalldämpfer (und übrigens auch einem ZF mit Leuchtpunkt) und es will mir trotz intensiver Auseinandersetzung mit dem Thema Jagdtechnik nicht in den Kopf gehen was daran schlecht sein sollte, bzw. inwiefern mich das als Jäger ‚abwertet‘ oder dergleichen.

    Wer bitteschön hat irgendeinen Nutzen davon, dass mein Schuss noch lauter durch den Wald hallt und meinem Hund und im schlimmsten Fall auch mir das Gehör ruiniert? Habe ich es richtig verstanden, dass der nicht gedämpfte Schuss der verbotenen Nachtjagd vorbeugen soll, da der potentielle Nachtjäger dann fürchte, dass der Reviernachbar die Schüsse des Nachts mitzählt und mit meiner Sauen- und Raubwildstrecke abgleichen könnte (was er nur tun kann, wenn der Mündungsknall bspw. „kaum vernehmbare“ 135db statt 165db beträgt…in der Nacht…im Wald…bei weiterhin ungedämpftem Geschossknall)? Ich habe schon ein paar Argumente gegen den Schalldämpfer gehört, und lasse mich mit den richtigen Argumenten auch umstimmen, wenn es sein muss, aber das Argument ist -sorry- schlicht grotesk.

    Und wie kann man argumentativ zu dem Ergebnis kommen, dass es ‚untunlich‘ bzw. ‚verwerflich‘ sei einen Schaft zu führen, bei dem ich den Daumen durch ein Loch stecke? Als ich mir meine Waffe ausgesucht habe, bin ich in den Jagdladen gegangen, habe mir verschiedene Waffen zeigen lassen und in die Hand genommen – dabei ist mir sofort aufgefallen, dass die entspannte Haltung meiner Hand am Pistolengriff sehr ergonomisch und bequem war und mein Gefühl und vlt. auch Fähigkeit einen sicheren Schuss antragen zu können unterstützt hat. Was um alles in der Welt sollte nun dafür sprechen mir eine weniger bequeme/ mir zusagende/ ‚führige‘ Waffe zu kaufen?

    Auch ist die Diskussion um Nachtzieltechnik oder Nachtsichtgeräten m.E. eine völlig andere als die um den Lochschaft oder Schalldämpfer – es fällt mir schon ganz grundsätzlich schwer das Thema in den Bereich der Jagdtechnikdiskussion einzuordnen. Bei Nachtsichtgeräten und Nachtzieltechnik (oder bspw. Drohnen etc.) geht es grob gesagt darum die Jagd effizienter zu gestalten und mit technischer Hilfe die Strecke zu erhöhen. Selbst der Leuchtpunkt im ZF, bzw. das ZF selbst führt dazu, dass ich –im Gegensatz zur Jagd ohne ZF/Leuchtpunkt- einmal öfter einen Schuss antragen kann, als ohne diese Hilfsmittel. Das alles führt zu einer Erhöhung des Jagdrucks und kann dann m.E. zurecht auch unter der Überschrift der Waidgerechtigkeit kontrovers diskutiert werden. Schalldämpfer und Schaftform haben damit aber nunmal nichts zu tun – niemand wird auch nur einen Schuss mehr abgeben, nur weil er einen englischen-, Loch- oder bayerischen Schaft hat, und genauso wird niemand einen Schuss mehr, sondern nur einen nicht ganz so lauten Schuss mit Schalldämpfer abgeben.

    Auch wenn ich mich den Worten eines anderen Kommentators, der hier von ‚Lodenjockel‘ sprach so nicht anschließen mag, weiß ich doch nur allzu gut was er meint. Es ist nicht lange her, da wurde mir von einem Pächter genau vorgeschrieben wie ich mein von mir gestrecktes und für mich erworbenes Reh aufzubrechen habe, wobei bspw. das Ringeln und selbst das Aufbrechen im Hängen strengstens untersagt war. Auch erinnere ich mich gut an eine andere Situation, als ich auf dem Schiessstand einmal völlig entgeistert angeschaut wurde, weil ich die Bockwurst, die man dort erstehen konnte, ohne Brot und ohne Senf haben wollte – auch so etwas reicht manchmal, um die Welt von Menschen auf den Kopf zu stellen. Diese und andere Erfahrungen, die ich offen gestanden extrem gehäuft erst in der Jägerwelt gemacht habe, haben mich ernsthaft abgeschreckt und für mich ist und bleibt die apodiktische Ablehnung jeglicher Dinge und Praktiken, die ‚neu‘ oder ‚anders‘ zu sein scheinen wohl ewig sehr befremdlich.

    Zum Schluss kann ich nur jedem Jäger raten die Wahl der Waffe und der Ausrüstung nicht von der Jägerstammtischmeinung anderer abhängig zu machen und sich nicht einschüchtern zu lassen, sondern so auszuwählen, dass erstens die eigene Gesundheit und die anderer (und auch die des Hundes) so gut es geht geschützt und zweitens eine schnelle, schmerzfreie Tötung des Wildes möglichst sichergestellt wird.

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    • Jochen Schumacher
      Jochen Schumacher sagte:

      Hallo Dirk,

      Vielen Dank für Deinen ausführlichen und engagierten Kommentar.

      Lochschaft, Leuchtpunkt und Nachtoptik sind m. E. Nur Symptome einer Debatte mit ganz anderem Inhalt. Technologie gibt uns zwischenzeitlich die Möglichkeit die von Dir genannten Anforderungen an Sicherheit und Tierschutz weitgehend, wenn nicht gar vollumfänglich zu erfüllen. Die Technologie entfernt uns aber auch immer weiter vom Gegenstand unserer Fürsorgeverpflichtung (Hege), dem Wildtier. Die Technologie befreit mich als Jäger auch von der Entwicklung elementarer jagdliches Fähigkeiten. Je geringer der Einsatz von Technologie ausgeprägt ist, um so mehr sind meine Fähigkeiten gefordert mich geräuschlos, geruchsfrei und unsichtbar meiner Beute zu nähern.

      Je geringer die Reichweite meiner Waffe, um so besser müssen meine jagdliches Fertigkeiten ausgebildet sein; Um so mehr Empathie muss ich für das Wahrnehmungsvermögen des Wildtieres und seinen Lebensraum entwickeln. So zu jagen ist äußerst ineffizient und birgt ein immenses Potential zu scheitern. Andererseits findet sich darin auch jagdliche Erfüllung.

      Die Forderung nach mehr Effizienz wird von außen und aus anderer Motivation an uns Jäger heran getragen. Ich denke, dass wir uns dieser Anforderung so gut wir können widersetzen sollten. Ich sehe die Rolle der Jäger als Anwalt und Fürsprecher der Wildtiere und ihrer Lebensräume.

      Wenn ich das Poltern, das „älteren Herren“ nicht selten pflegen, in Abzug bringe, habe ich Gerd Tersluisen letztlich so verstanden, wie ich es hier zu schildern versuche.

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