Wildmeister Dieter Bertram

Ein Leben für das Wild, die Jagd und die Berufsjägerei

Spätestens seit dem zweiten Weltkrieg ist die Jagd im deutschsprachigen Raum Projektionsfläche für vielfältige einzelne Interessen. Dem Wunsch nach einem ursprünglichen Dasein als Jäger und Sammler musste sie genauso gerecht werden, wie der Beglückung der Gäste von Industriekapitänen, dem Landwirt, dem Waldbauern, dem Erholungssuchenden und am wichtigsten: Den wild lebenden Tieren.

Heute stehen Jagd und Jäger vor der Herausforderung, die großen ökologischen, ökonomischen und gesellschaftlichen Probleme der Zeit mit ihrem Engegement abzufedern und Ideen zu entwickeln, mit deren Hilfe möglichst viel Artenvielfalt über die begrenzten Möglichkeiten einer industrialisierten Landschaft zu retten.

Wildmeister Dieter Bertram ist ein Berufsjäger der "alten Schule". Er hat sich sein Leben lang intensiv mit der Beziehung zwischen der von Menschenhand gestalteten Kulturlandschaft und den Lebensraumansprüchen unserer wildlebenden Tiere auseinandergesetzt. Seine Lehrjahre, sein Berufsleben, seine Zeit als Bundesobmann der Berufsjäger und seinen Ruhestand verbringt er mit der Reflexion über das Geben und Nehmen, das Haben und Wünschen, das Können und Können wollen bei der Gestaltung von Lebensräumen und der waidgerechten Jagdausübung.

Im Gespräch mit Jochen Schumacher spricht er über seine Arbeit, seine Projekte und seine Erfahrungen, die er als Anwalt und Fürsprecher der Wildtiere im Umgang mit guten und schlechten Menschen, Jägern und Politikern gesammelt hat.

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3 Kommentare
  1. Hans-Martin Wittmann
    Hans-Martin Wittmann sagte:

    Der Wildmeister Dieter Bertram hat in seinem Interwie ganz klar zum Ausdruck gebracht woran unsere Jagd und das Ansehen der Jäger in der Öffentlichkeit krankt. Leider wird den Alt-vorderen in unserer heutigen schnelllebigen Zeit wenig Gehör geschenkt. Erst wenn das Kind in den Brunnen gefallen ist, wird angefangen nachzudenken. Energetischer Pflanzenanbau, eine ökonomisch intensivierte Forstwirtschaft, massiver Einsatz von Pestiziden und Herbiziden, ein drastischer Wandel unserer Kulturlandschaft, genereller Lebensraumverlust haben nicht nur die großen Schalenwildarten zum sogenannten „Schadwild“ werden lassen auch viele kleiner Arten die dem Jagdrecht nicht unterliegen sind in erhebliche Schwierigkeiten gekommen weil sie die oft in Ko-Evolution entstanden Vernetzungsebenen nicht mehr vorfinden. Unsere Wildtiere dringen immer öfter in den besiedelten Raum der Menschen vor, weil ihr ursprünglicher Lebensraum oft nicht mehr entsprechend vorhanden oder anders genutzt wird. Das Rotwild ist als eigentlicher Bewohner offener Landschaften durch die intensive Nutzung ihres Lebensraums in die Wälder zurück gedrängt worden und auch dort gibt es nur wenige natürliche Äsungsangebote, im Winter stehen sie in den Beständen, schälen die Bäume weil sie z.B. durch starke Frequentierung ihres Lebensraums, massivem Jagddruck, klein strukturierte Reviere überhaupt nicht mehr als hochsoziales Lebewesen entsprechend der physiologischer Eigenschaften den Lebensraum Wald nutzen können. Falsche Fütterung, Auflösung der sozialen Strukturen durch Bejagung ohne wild- und verhaltensbiologisches Wissen machen es dann zum „Waldvernichter“. Entsprechend wird die heutige Jagd, die Gestaltung der Reviere mancherorts gesehen. Würde man natürliche Äsungsflächen im Innen- und Außensaum des Waldes, der Forstwege, am Waldrand mit entsprechender Jagdruhe gestalten, würde nicht nur das Wild, sondern auch viele andere, wie z.B. thermophile Insekten davon profitieren. Der Wildschaden würde herab gesenkt, auch andere für das Ökosystem Wald wichtige Arten würden einen entsprechenden Lebensraum finden. Die Biodiversität, die ökologische Stabilität würde sich erheblich verbessern. Leider wird viel zu schnell den Lobbyisten, weniger den Praktikern Gehör geschenkt. Herman Löns war eigentlich einer der ersten Naturschützer in einer Zeit wo wenige Menschen das Wort Ökologie überhaupt kannten.

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  2. Alexander Stark
    Alexander Stark sagte:

    Lieber Jochen Schumacher,

    das war eine tolle Sendung, die mich als Jungjäger sehr zum Nachdenken gebracht hat. Nachdem ich nun einen großen Teil der Sendungen gehört habe, merke ich, wie sich in meinem Kopf Sinnzusammenhänge bilden. So habe ich vor dieser Sendung mit Herrn Bertram die Sendung über die Großtrappe gehört. Dort ging es ja unter anderem um den Begriff des Management. Wildmeister Betram kritisiert u.a. die Einengung der Jagd auf das Schießen. Ich meine, die modische Verwendung des Begriffes des Management ist ein Merkmal dieses Zeitgeistes, denn nach meinem Empfinden geht mit der Verwendung vieles verloren, was mit dem Wort Hege noch mitgedacht wird (Mitgefühl, Begeisterung, Parteinahme, Anteilnahme, Passion…). Möglicherweise ist mit dem Durchdrücken des Begriffes Management in die Jagd der Wille verbunden, die Deutungshoheit über Jagdausübung und den damit verbundenen ethischen Begriff von Natur und Umwelt zu erlangen, den wir alle uns machen sollen. Naturverbundenheit und Liebe zur Schöpfung außerhalb des Mantels der großen Umweltorganisationen soll möglicherweise undenkbar und suspekt gemacht werden. Insofern kann ich Wildmeister Betram sehr gut verstehen, wenn er ein Zurückbesinnen wünscht, um nicht den politischen und gesellschaftlichen Kräften die Deutungshoheit über unser Handeln zu geben, die eigentlich den verantwortlichen Umgang mit dem Leben und seinen Ressourcen aus unseren Händen nehmen wollen. Die Gefahr besteht, dass unser Handeln im Rahmen eines Managements, nämlich z.B. dem bloßen Schießen des Schalenwildes im Forst als Erfüllunghilfe des Managements, welches ja so von den Jägern gefordert wird, gleichzeitig zum Denunzieren der Jagd und der damit befassten Menschen genutzt wird. Dass es offensichtlich in der Argumentation der Naturschutzverbände große Brüche und Widersprüche gibt (siehe Sendungen Großtrappe, Krähe oder Wildmeister Bertram), ohne dass es nur zum geringsten erkennbaren Zögern darüber bei diesen Organisationen kommt, macht mich ratlos und zunehmend misstrauisch.
    Also, lieber Jochen Schumacher, vielen Dank noch mal für diese Sendung(en), denn dadurch komme ich sehr ins Nachdenken und ich stehe damit erst am Anfang.

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    • Jochen Schumacher
      Jochen Schumacher sagte:

      In Vertretung von Wildmeister Dieter Bertram veröffentliche ich hier seine Antwort auf Deinen zustimmenden Kommentar

      „Neue Jäger braucht das Land“(Aussage des ehemaligen LJV Präsidenten von Hessen Karl-Heinz Schuster l985)

      „Das Deutsche Waidwerk“, nicht nur von Ferdinand von Raesfeld, sondern als Allgemeingut, hatte , wie das Deutsche Jagdgesetz hohe weltweite Bedeutung und Vorbildfunktion, was der Vergangenheit angehört.

      Hierdurch ausgelöst gründeten sich in großer Sorge über die jagdliche Zukunft zahlreiche Organisationen.
      Auch wenn sie nicht alle die angedachten hehren Ziele erreichten, sind es Rebellen im positiven Sinne, die über den eigenen Büchsenlauf hinweg blicken, einer ungünstigen Entwicklung der Jagd, Einhalt zu gebieten.

      „Dass er beschützt und hegt sein Wild“ ist keine Schnapsidee, sondern war wesentlicher Inhalt der Jagd, Achtung vor den Wildtieren, Anerkennung in der Öffentlichkeit.

      Dieser Geist wurde abgelöst von sogenannter „ökologischer Waldschutzjagd“ in der dem Wild zunächst der Lebensraum und dann das Lebensrecht genommen wurde.

      Die neue Jagd auf land- und forstwirtschaftlichen Flächen kollidiert nicht nur mit dem Lebensrecht der Wildtiere, sondern auch mit der öffentlichen Meinung im Umgang mit Wild. Feindbilder gegen Jäger und Jagd wurden geschaffen. Nach Wahrnehmung der Jägerschaft haben jagdliche Organisationen dieser Entwicklung tatenlos zugesehen, beschränken sich lediglich auf Verteidigungspositionen. Zahlreiche jagdliche Neugründungen sind in die Bedeutungslosigkeit abgetriftet und werden deshalb mit Gelassenheit von den großen Jagdorganisationen beobachtet.

      Trotzdem, irgendwann hat man nur noch die Wahl, taub zu werden an Ohr und Seele, oder das Erlebte zu bedenken und tätig zu werden für das Lebensrecht der Wildtiere.
      Hierfür benötigen wir weniger juristischen Beistand als eine jagdlich, geistige Elite, insbesondere verantwortungsvolle Grundeigentümer, Wildbiologen und Berufsjäger, die nicht bereit sind, Wildtierlebensräume in der Art von Bauparzellen mit Exekutionsständen aufzuteilen.

      Begeben wir uns auf die Suche nach einem Weg zwischen der jagdlichen Darstellung als Barbarei mit hasserfüllten Gegnern und der weit verbreiteten Sorglosigkeit unter Jägerschaft und Verbänden mit 80%iger Zustimmung ihres Handelns.
      In den Präsidien der Jagdverbände müssten die Alarmglocken schrillen, wenn der bekannte Wildbiologe Prof. Dr. Dr. Sven Herzog in „Wild und Hund“ bei dem Thema Wald und Wild fragt, ob bei dem hohen gesellschaftlichen Stellenwert des Tierschutzes die Jagd in zwanzig Jahren überhaupt noch stattfinden kann.

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